Theaterpädagogik:
Theater mit jungen Menschen
Theater spielen, neugierig in fremde Rollen und Welten hineintasten, sich selbst als jemand andere*r erleben können, Emotionen wahrnehmen, etwas Neues ausprobieren...
Was mich an meinem Beruf begeistert, gebe ich mit großer Freude weiter an die nächste Generation, in meinem Schauspielunterricht:
Ob es beim Coaching für eine Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule oder für ein Casting, beim wöchentlichen Schauspielunterricht oder bei den Vorbereitungen für eine Inszenierung, jede Aufgabe bietet seinen spezifischen Challenge und damit einhergehend auch seinen speziellen Spaß.
Je nach Gemütslage und Verfassung der Schüler*innen wird es mal körperlicher, mal textlastiger, mal intesiver und mal sanfter. Neben dem professionellen Training und dem Anspruch, eine authentische Figurenwelt zu kreieren, liegt mir die Spielfreude der angehenden Schauspieler*innen am meisten am Herzen. Mir ist immer wieder ein Vergnügen, wie ich selbst an der Arbeit mit den jungen Menschen wachsen kann und wie jede Herausforderung eine Chance ist, etwas Neues zu lernen.
Produktionen mit Jungen Menschen (Auswahl):
Diese Produktionen entstanden im Rahmen meines Schauspielunterrichts an der „GOLDONI - Schauspielschule für Kinder und Jugendliche“. Ich gestalte die Aufführungen und die Auswahl der Stücke in Zusammenarbeit mit den jungen Menschen. Dabei knüpfe ich an die jeweiligen Grundvoraussetzungen, die individuellen Interessen und das spezifische Können an. Neben dem wöchentlichen Schauspieltraining, ist die Aufführung, die einmal im Jahr statt findet, ein wichtiger Höhepunkt für mich und die jungen Menschen, bei dem sie ihr Selbstbewusstsein stärken und ihre neu erlernten Fähigkeiten ausprobieren können in einem professionellen Rahmen mit Kostüm, Ausstattung, Licht und Musik auf einer „echten“ Bühne . Allem voran steht für mich, dass die jungen Menschen ein positives Auftrittserlebnis haben. Darüber hinaus kommt es mir darauf an, dass sie auf spielerische Art ein eindrückliches Gemeinschaftserlebnis erleben, bei dem es auf jede und jeden Einzelne*n ankommt. Die Freude am Spielen, sich selbst zu entdecken und in fremde Rollen zu schlüpfen, Emotionen auszuleben, wie es sonst (fast) nirgendwo im Leben der jungen Menschen mehr möglich ist, möchte ich den jungen Menschen in meinem Schauspielunterricht und bei den Aufführungen ermöglichen.
Rotbart
nach Motiven von Dea Loher’s „Blaubart - Hoffnungen der Frauen“
(UA: 16.2.2020, Theater Die Pumpe, Berlin)
Auseinandersetzung der Jugendlichen mit Sexistischen Mustern und Stereotypen, ausgehend von den unterschiedlichen Opfer-Täter Konstellationen in Loher’s Vorlage. Zunächst bearbeiteten die Jugendlichen verschiedene Fragen zum Thema Sexismus, um dann gemeinsam mit mir die Übersetzung von der eigenen Lebensrealität in den Stückkontext zu finden.
Diese Gruppe (zwischen 15-18Jahre alt) besucht das Doppelmodul Bühnenkampf/ Schauspiel. In dieser Arbeit konnten die Jugendlichen beides in einem Stückkontext ausprobieren.
Zirkus Banji
UA am 29.9.2019, Loftbühne Charlottenburg
Das wichtigste bei dieser Arbeit war für mich, dass die jungen Menschen (5-7 Jahre) anhand eines kompletten Stücks eine längere konzentrierte Arbeitsphase erfahren konnten. Viele von ihnen wagten sich zum ersten Mal in ihrem Leben auf die Bühne und konnten dort positive Erlebnisse machen. Alle Kinder probierten sich in, von der eigenen Persönlichkeit weit entfernten, Rollen und extremen Körperlichkeiten aus. Sie sprachen mit zunehmendem Selbstbewusstsein ihnen fremde Texte, studierten Tricks ein und präsentierten diese und trauten sich dabei in ihnen zunächst fremden Haltungen zu agieren und Neues auszuprobieren. Von diesem Erlebnis ausgehend arbeiten wir bereits am nächsten Stück, um mit fort-schreitender Erfahrung subtiler werden zu können.
School Elite
nach Motiven von Simon Stephens’ Punk Rock
Mobbing-Erfahrungen sind leider alltäglich für die meisten Jugendlichen, die daran in unterschiedlichen Rollen Anteil haben. Die Unerbittlichkeit, mit der Kinder und Jugendliche sich gegenseitig begegnen können, hat die Jugendlichen inspiriert, sich mit Mobbing, im Rahmen von Stephens’ Stück zu beschäftigen. In diese extremen Charaktere einzusteigen, die ständig unter dem hohen Erwartungsdruck der Eltern und sich selbst stehen sowie in gegenseitiger Konkurrenz zueinander, war für die Jugendlichen eine spannende Erfahrung. Die Mischung aus Coolness und Karrieredenken, wechselnden Allianzen und quer schießenden Hormonen ist explosiv und entwickelt eine brisante Dynamik. Viele stellten fest, dass sie auch im eigenen Alltag ähnliche Mechanismen erleben und konnten dieses durch das Spielen im Stückkontext reflektieren. Leider kam es Corona-bedingt bisher noch nicht zur öffentlichen Aufführung der Arbeit. Diese Gruppe (13-15 Jahre) besucht ebenfalls das Doppelmodul Bühnenkampf/ Schauspiel.
Hilfe, die Herdies kommen
nach Motiven von Barbara Robinson
Premiere, 27.5.2018, Schauspielschule Charlottenburg
Die Herdie-Kinder kommen aus schwierigen Verhältnissen und üben sich in präpubertärer Revolution, die im bürgerlichen Umfeld Missfallen auslöst. Für mich war wichtig, dass die Schüler*innen im geschützten Rahmen ihre ersten pubertären Reaktionen und Rebellionen ausprobieren können.
Ich habe die Schüler*innen entgegen des ureigenen Charakters besetzt. Alle eher schüchternen Kinder spielten die aufgeweckten Herdie-Kinder, während alle selbstsicheren Kinder sich in den zurückhaltenderen Figuren ausprobierten.
Ich konnte beobachten, wie die jungen Menschen sich durch die Figurenarbeit empathisch in andere Menschen hineinversetzen und sich mit Menschen in anderen sozialen Schichten auseinandersetzten. Ich hatte den Eindruck, dass das sich auf die soziale Kompetenz der Kinder sowohl innerhalb der Gruppe, als auch im allgemeinen Leben ausgewirkt hat.